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Eine Familienradreise durch Südamerika

¡ adiós Colombia !

Nach San Augustin ging die Reise, wie schon erwähnt, weiter in das Amazonas-Gebiet Putumayo. Lange folgte unsere Tour bergauf, bergab durch eine wunderschöne grüne Landschaft, entlang an einem rauschenden Bächlein. Wasserfälle und Vogelgezwitscher bestimmten die Szenerie auf dem Weg nach Mocoa, eine stressige mit Mopeds und Autos befüllte Stadt. Der Smog und der Lärm kroch uns bei Ankunft gleich in die Nervenspitzen, so dass wir schnell wieder einen Weg nach draußen suchten.
Pünktlich zur Dämmerung fanden wir einen kleinen Weg, welcher zu einer Hospedaje führen sollte, die mitten im Dschungel Richtung "fin del Mundo" (ein 70 m hoher Wasserfall) lag.
Der Weg ging kurz steil bergab, überzogen mit großen Steinen, führte über eine Brücke und auf einem Holzpfad wieder steil bergauf, so dass es eigentlich fast unmöglich war ihn mit den Bikes zu bewältigen. Der Einbruch der Dunkelheit nahm uns dann die Entscheidung ab und wir drehten ein paar Meter um, um in einer Posada zu nächtigen, die wir kurz davor passierten. Von außen sah sie ziemlich schlicht und kalt aus, aber im Innenhof leuchtete es bunt, gute Musik klang in unseren Ohren und an einem großen
Tisch saßen jede Menge freundlicher einheimischer und ausländischer Hippies. Die Posada entpuppte sich zu einer Kommune, die es wert war, ein paar Tage im Regenwald zu verweilen.
Die Wanderung zum 'fin del Mundo' war atemberaubend. Es ging, natürlich im Regen und tropischer Wärme, steil bergauf und quer durch den Dschungel, bis uns erst kleinere Wasserfälle und Seen auf dem Weg bereicherten.
Dann noch einmal weiter über rutschige Steine und Flüsse und wir standen oben auf dem Wasserfall, der rasante 70m bergab fiel. Als wir das 'Ende der Welt' genossen, lichteten sich die Wolken und die Sonne erleuchtete das Tal.  Azurblaue riesen Schmetterlinge flogen an uns vorbei und Regenbogen schillerten um den Wasserfall....
Es war so schön, dass man locker noch ein paar Tage länger im Regenwald hätte bleiben können, wenn nicht  dieser ewige Regen und die Feuchtigkeit, die unsere ganzen Klamotten nach altem nassen Waschlappen riechen ließ, gewesen wäre.
Aber einen Tag hielten wir noch wegen Muskelkater, den wir bei der Wanderung bekommen haben, ein.
Schon komisch, wir radeln hunderte von Kilometer und wir spüren nichts. Ein Tag Wanderung und
uns tun die Beine weh. Ein Tag auf dem Pferd und unser ganzer Körper schmerzt...

Später machten wir uns weiter auf den Weg nach Sibundoy, über die carretera 'trampolín de la muerte'.
Zum Glück wussten wir erst bei Ankunft in Sibundoy, wie die Kolumbianer diese Strecke nannten.
Es ging ewige Kilometer auf einer Schotterstraße bergauf, bis auf über 3200m.
Mein (R) Vorderrad rutschte auf den Steinen weg, teilweise konnte ich das Gewicht nicht halten und das Rad fiel um, dazu die grässliche Steigung und Erdrutsche, welche die Straße drastisch
 und meterweise in eine Schlucht stürzten lies.
Als uns klar wurde, dass ich die Strecke nicht packen werde und es keine Möglichkeit gab ein Zelt aufzustellen, versuchten wir einen LKW anzuhalten. Wir warteten 45 min am Straßenrand, vergeblich auf ein Fahrzeug, dass uns mit unseren Rädern mitnehmen konnte.
Also schiebten und radelten wir weiter. Nach genau einer Stunde passierte uns ein LKW mit einer Familie. Wir hielten den Daumen raus und er hielt an. Die Frau des Fahrers fragte uns verwundert, ob wir die Strecke kennen??? Als ich 'nein' sagte, lächelte sie und wir hoben schnell unsere Räder in den
Viehänhänger. Zur Bequemlichkeit brachte sie uns noch ein Kissen. Dann ging es los....
Über Schlaglöcher, die uns mehr als 30 cm vom Boden abheben ließen, düsten und tuckerten wir den neblig kalten Berg hinauf und wieder hinunter.
Im Nachhinein wissen wir jetzt warum die Straße Trampolin heißt. 50 km - 4 Stunden hüpfend im Viehänhänger, der unsere Hintern mit blauen Flecken beschenkte!
Mit den Rädern wäre die Strecke sehr wahrscheinlich wesentlich bequemer und sicherer gewesen, aber wir haben es lachend überstanden.
Die Familie war so nett, dass sie uns in Sibundoy bis vor die Tür eines Hotels fuhren und uns sogar
noch weiter bis nach Pasto genommen hätten. Aber den Rest der Strecke wollten wir wieder auf
unseren Velos fahren.
In Sibundoy begannen wir unsere Tour gleich wieder im Regen, denn auf schöneres Wetter zu warten,
wäre zwecklos gewesen.
Bis zu unserem nächsten Stopp strampelten wir 1339 Höhenmeter bergauf, bergab und wieder
bergauf über den Páramo (3217 NN).


Die Höhenluft und die Kälte machte uns zu schaffen, so dass wir jede 100 Meter eine Verschnaufpause brauchten. Als uns die Motorradfahrer hupend und Daumen hoch grüßend überholten, sprach im gleichen Moment Jamun mein Gedanke aus:
"Babu, warum reisen wir eigentlich nicht mit einem Motorrad? Dann wären wir doch viel schneller
den Berg oben!"
Torsten erzählte ihm, dass er sich eines Tages eine Royal Enfield kaufen möchte und mit uns darauf durch Indien reisen möchte. Danach redete Jamun ununterbrochen von einer Royal Enfield...

Je weiter wir nach oben kamen, desto dichter wurde der Nebel, bis die Sicht gleich noch 20 Meter
war. Schon frustrierend, wenn man sich so bemüht, friert und dann nichtmal eine Aussicht auf das Tal bekommt.

Manchmal erahnte sich auf dem Weg ein kleines Häuschen und wir freuten uns vielleicht einen warmen Café oder eine chocolate zu bekommen, aber bei Näherung, sahen wir, dass es nur noch von der Nässe schwarz gefärbte Mauern waren, dessen Dach schon längst weggefault war. Kein Wunder, dass die Besitzer auch keine Lust mehr hatten, hier zu wohnen.
Nach dem Páramo ging es erst weiter hügelig und dann einige Kilometer bergab bis el Encano, ein kleiner Ort an der Laguna de la Cocha.  Klatschnass checkten wir ein Hotel ein, dessen Besitzerin ein kleiner Putzteufel war und fast die Krise beim Anblick unserer tropfenden Sachen bekam.
 Am nächsten Tag fanden wir ein kleines Hüttchen mit Chimenea (Kamin).
Die Besitzerin brachte uns Kohle und ein paar Holzstücke, damit wir unsere kompletten Sachen trocknen konnten. Denn bei den 11 Stunden, die wir am Vortag dem Regen ausgesetzt waren, haben
nicht einmal mehr unsere Regenklamotten dicht gehalten.
Der Abzug des Kamins und die Isolierung der Hütte, war gleich null. Aber wir haben es
trotzdem geschafft unsere Sachen über die Nacht zu trocknen und nebenbei zu räuchern .

Dann ging es weiter nach Pasto, wieder 7 km bergauf bis auf über 3200m, natürlich mit Regen und wegen des Nebels wieder keine Aussicht.  Nur dass wir diesmal tatsächlich ein Häuschen auf dem Weg fanden, indem es Café und alte fettige hojaldras gab.
Auf dem Gipfel des Berges stand neben einer verlassen Hütte eine Bildtafel, auf der wir sehen
konnten, wie die Aussicht bei Sonne gewesen wäre. Bestimmt hübsch...
Die nächsten Kilometer rollten wir wieder über 600 Höhenmeter bergab nach Pasto.
Das erstemal sogar ein Stückchen auf der panamericana!
Wie immer, wenn man tagelang in der Natur und durch Dörfer fährt, das reine Grauen sich zurecht zu finden.
Mitten in dem Getümmel fuhr plötzlich ein Päarchen auf einer Royal Enfield an uns vorbei.
Jamun gab alles auf seinem Rad, um sie einzuholen, was bei dem stockenden Verkehr auch kein Problem war. Das Päarchen hielt an. Wir erzählten Ihnen von Jamun's neuem Traum und Zack stiegen sie von der Maschine ab und hoben Jamun auf den Sitz.

Seine Freude war riesig und die des Päarchens mindestens genauso!
Zum Glück hat Jamun trotz seines Erlebnisses immer noch Lust auf Rad fahren :)
Nach einer Weile netter Plauderei fuhren wir weiter bergauf an den Stadtrand zu Dorys.
Eine unglaublich tolle, selbstlose und interessante Frau, die Radreisende umsonst in ihrem Haus
aufnimmt.
Dort wurden wir von ihr, ihrer Tochter und weiteren 5 Radlern willkommen.
Dorys schlief extra mit ihrer Tochter in einem Zimmer, um für Ihre Gäste Platz schaffen.
Nebenbei war ihr Schlafzimmer das durchgangszimmer zum Badezimmer, was bei 8 Gästen natürlich oft passiert wurde.
Für unsere deutschen oder europäischen Verhältnisse unvorstellbar. wenn man an seine Kindheit
zurück denkt, war das Schlafzimmer der Eltern schließlich immer tabu :)
Nach ein paar Tagen Rast, radelten wir nun die letzten Kilometer auf kolumbianischem Boden wieder in der Sonne.
Die Tour führte uns über eine großartige Canyonlandschaft, die wieder in voller Blüte stand. Das
Leben pulsierte und die Klänge lateinamerikanischer Musik begleitet uns wieder von Ort zu Ort.






Da wir Kolumbien noch nicht wirklich verlassen wollten, gingen wir die Tour entspannt an und verweilten noch ein bisschen in den Dörfern vor der Grenzstadt zu Ecuador, Ipiales.
Der freundliche Alltag hielt auch in San Juan an, als ich mit Jamun in einen kleinen Dorfladen bin um 8 Brötchen zu kaufen. Hinaus sind wir mit 2 zusätzlichen Tüten voller Obst und Joghurt, welche die
Verkäuferin uns für den Weg geschenkt hatte.
Bei dem letzten Halt in Ipiales wohnten wir bei der Familie von Ozkar, die ebenfalls Radler umsonst bei sich aufnehmen. Zur Ankunft gab es eine Suppe, die sie extra für uns gekocht haben und einen
gemütlichen ganz einfachen Schlafraum mit Kerzenschein, Strom gab es dort nicht und doch
hatten wir alles was man braucht um glücklich zu sein....
Ein bisschen traurig und  reich an Erfahrungen blicken wir nun auf ein Land zurück, vor dem wir am meisten gewarnt wurden  und sicher die meisten Bedenken zu unserem Vorhaben geäußert wurden.
Doch was wir von diesem Land mitgenommen haben ist unbezahlbar.
So viel Freundlichkeit, Offenheit, Selbstlosigkeit und Gastfreundschaft - davon können wir alle nur lernen!
Oder wer von uns würde einfach so an der Straße anhalten und wildfremde Traveller fragen wie es ihnen geht? Das Mittagessen in einem Restaurant einfach so übernehmen, weil  man es toll findet was
andere  in ihrem so Leben machen?
Ganz sicher hat das Land seine politischen und persönlichen Probleme, aber gerade deswegen hat es auch uns so überrascht.
Hätten wir den Vorurteilen Folge geleistet, würden wir jetzt ganz sicher vieles vermissen.
Oft kamen wir uns hier vor wie der Hotelpage bei dem Tarantino Film '4 rooms' , der die Ratschläge
 Seines Vorgängers durch naive Nachsicht nicht befolgte, aber dadurch angenehme Abenteuer erlebte.
So heißt es:
"Meiden Sie grosse  Ansammlungen wie Demonstrationen"  -  natürlich platzten wir zufällig  in eine
Großdemo für den Frieden.
" von Aufenthalten in den Grenzregion, wie u.a.: Putumayo, Nariño,...ist abzuraten"
- wie ihr lesen und sehen könnt, hatten wir dort eine wunderschöne Zeit.
"Auf Fahrten als Anhalter, sollten sie unbedingt verzichten"....
Vielleicht hatten wir nur Glück, oder jede Menge Schutzengel auf diesen 1100 erradelten  Kilometer ,
Aber vielleicht lassen wir uns auch zu oft auf die gebenen Vorurteile unserer Medien ein und  vergessen dabei uns selbst ein Bild zu machen.

Die Menschen denen wir begegnet sind,  haben sich alle sehr gefreut, dass wir ihr Land bereisen, manche  haben sich sogar bedankt, dass wir sie nicht nur für Territoristen, Guerillaanhänger oder Drogendealer halten, sondern für Menschen.
Manche haben uns gebeten dies in unserem Land zu verbreiten, was wir mit Freude und Sicherheit  tun können.
Aus diesem Grund  möchten wir diesen post all denen Menschen widmen, die uns diese Reise hier  zu etwas Besonderem gemacht haben!
Muchas gracias por todo! Nos alegro' mucho haberlos conocido !


1 Kommentar:

  1. Hallo ihr crazy biker,
    Durch die wunderschönen, interessanten Berichte und fantastischen Bilder können wir ein bisschen an eurer Abenteuerreise teilhaben
    Danke dafür
    Das erste Land habt ihr durchradelt
    Weiterhin gute Fahrt und alles Liebe
    Mama und Willy (Oma und Nono)

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